Rasur verboten – Zahnreinigung erlaubt?

Warum Herrenfriseure nicht anders zu behandeln sind als Zahnärzte


Ein Gastbeitrag von Dirk Schlobach

Aus dem ursprünglichen Barbierhandwerk sind neben vielen anderen Berufen zwei Spezialisten entstanden: Friseure und Zahnärzte

Heute gibt es sicherlich nicht nur beim Einkommen deutliche Unterschiede. Beide eint allerdings, dass sie sehr nah am Kunden arbeiten. Unterschiede werden nun aber offenbar diskutiert wenn es darum geht, welche Dienstleistungen in Zeiten von COVID-19 durchgeführt werden und welche untersagt werden sollten.

Zahnärzte dürfen auch nicht unmittelbar medizinisch notwendige Leistungen wie eine Zahnreinigung anbieten. Diese bedingen einen geöffneten Mund des Patienten und spritzendes Wasser. Den Friseuren, insbesondere den Herrenfriseuren, soll die Bartpflege beziehungsweise die Nassrasur allerdings verboten werden. Diese Überlegungen entbehren jeglicher sachlicher Grundlage und zeugen von nicht vorhandenem Fachwissen.

Wie sieht es tatsächlich mit der Nassrasur und der Bartpflege in puncto Ansteckungsgefahr aus?  
Die Regelung jedem Kunden die Haare zu waschen, ist völlig richtig. So wird einer Ansteckung effektiv vorgebeugt. Zu einer ordentlich, hygienisch durchgeführten Rasur gehören ebenfalls präventive Maßnahmen, die den Barbier und den Kunden schützen.

Das beginnt mit dem Einseifen des Bartes. Bereits nach 20 Sekunden tötet Seife potenziell vorhandene Viren ab. Die Rasierseife ist jedoch deutlich länger auf der Haut beziehungsweise auf dem Barthaar. Eine vorsorgliche Reinigung von zwei Minuten übertrifft der Barbier beim Einseifen und einwirken lassen deutlich. Wenn wir der Rasierseife nicht vertrauen, dann dürfen wir dem Händewaschen auch nicht vertrauen.

Der Barbier arbeitet während der Rasur und der Bartpflege seitlich vom Kunden. Nicht frontal. Dies kann der Zahnarzt beispielsweise nicht gewährleisten. Der Kunde hat außerdem während der Rasur den Mund geschlossen. Friseuren, denen das Haarschneiden gestattet wird, arbeiten teilweise an den Haaren im Stirnbereich im gleichen Winkel wie Barbiere bei der Rasur.  

Wie beim Haarewaschen garantiert auch der Barbier bei der Rasur eine Vorbereitung die Viren und Bakterien entfernt und abtötet. Direkt am Anfang verwendet der Barbier eine Heißkompresse, die auf 70 Grad aufgeheizt wird und bei circa 45 Grad auf das Gesicht des Kunden und damit auf den Bart gelegt wird. Zusätzlich wird der Bart mit Seife intensiv eingepinselt. Der Pinsel wird vor Gebrauch IMMER für mehrere Minuten in kochendes Wasser gelegt. So werden Viren und Bakterien ebenfalls abgetötet. Das Einseifen ist im Vergleich zum Waschen von Händen oder Haaren deutlich intensiver, weil der Pinsel mit seinen Haaren/Borsten die Poren noch besser erreicht. Nach der Rasur wird ein Aftershave zur zusätzlichen Desinfektion und Reinigung aufgetragen. Der enthaltende Alkohol oder andere antiseptisch wirkende Substanzen schützen Kunden und Barbier.

Grundsätzliche Voraussetzungen für hygienisches Arbeiten:

1. Barbier und Kunde desinfizieren ihre Hände 
2. Der Stuhl und Waschbecken werden desinfiziert 
3. Das Werkzeug wird ebenfalls desinfiziert 
4. Shavetten, Kämme und Scheren befinden sich im Barbicide Glas (Desinfektionslösung) 
5. Der Barbier arbeitet mit einem Mundschutz und trägt ein Visier als zusätzlichen Tröpfchenschutz 
6. Der Barbier trägt Handschuhe 
7. Im Barbershop werden Heißkompressen (70 Grad heiß) verwendet 
8. Geräte werden vor und nach der Behandlung desinfiziert 
9. Das Wasser zum Aufschäumen der Seife wird aufgekocht 
10. Der Pinsel liegt vor dem Aufschäumen in dem heißen Wasser 
11. Die Seife wird portioniert oder es wird Rasiercreme aus der Tube direkt auf den Pinsel verwendet 
12. Für jede Rasur wird eine neue, verpackte Klinge verwendet 
13. Nach der Rasur wird eine weitere Heißkompresse aufgelegt.  
14. Ein Aftershave zur finalen Desinfektion der Rasur bzw. der Haut wird aufgetragen

All diese Maßnahmen sorgen dafür, dass im Vergleich zu vielen anderen Dienstleistungen am Kunden, Bartpflege und Rasur unbedenklich sind. Es gibt noch keinen bekannten Fall, in dem ein Kunden von einem Barbier oder umgekehrt angesteckt wurde.

Viel wichtiger ist, dass JEDER Salon einen Betriebsleiter hat, der in der Handwerksrolle eingetragen ist, um die hohen hygienischen Standards sicherstellen zu können.

Es bleibt zu hoffen, dass alle Verantwortlichen in Politik und Verwaltung, in den Handwerkskammern und der gesamten Branche diese sachlichen Grundlagen berücksichtigen, bevor Entscheidungen getroffen werden, die für viele Herrenfriseure existenzbedrohend sein werden. 
 Dirk Schlobach
 

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